Baurechtsseminar - voller Erfolg
Im Hause der Rechtsanwälte Dr. Schulte & Partner fand ein
Baurechtsseminar am 09. Juli 2012 statt. Teilnehmer waren Juristen und
Praktiker z.B. Hans-Heiko Brunzel von dem Bauunternehmen Brunzel Bau GmbH
Velten. Thema der Vorträge waren neue rechtliche Entwicklungen im Baurecht
(Referent Rechtsanwalt Hornemann, Dr. Schulte & Partner) sowie technische
Fragen der Bauabwicklung - neue Baumaterialien. Viel Diskussion gab es um
Fragen rund um Bautagebücher, Hausbau für Private, Eigenheime.
Das Mietrecht ist geprägt von komplexen Rechtsfragen, die durch Gesetze und durch Urteile gelöst werden. Deshalb ist es notwendig ständig die Rechtsentwicklung zu beobachten und anzupassen. Unter Leitung von Fachanwalt und Rechtsanwalt Kim Oliver Klevenhagen wurde in den Räumen der Rechtsanwälte hierzu ein Seminar durchgeführt:
Aus den Kreisen der Teilnehmer wurden von
Hans-Heiko Brunzel (Brunzel Bau GmbH) darauf hingewiesen, dass Mietern
Räumungsklage droht, wenn sich diese mit der Zahlung von Betriebskosten, nach
einseitiger Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse durch den Vermieter, in
Verzug befinden.
Der Bundesgerichtshof hat sich am
18.07.2012 mit der Frage befasst, ob der Vermieter, dem Mieter fristlos
kündigen kann, der die durch die Anpassung der Betriebskostenvorschüsse
entstandene Mieterhöhungen nicht entrichtet oder ob der Vermieter den Mieter
erst auf Zahlung der Erhöhungsbeiträge verklagen und ein rechtskräftiges Urteil
gegen diesen in der Hand haben muss.
Nach der Darstellung im Kurzbeitrag von
Herrn Frank Böhme (Immogain, Berlin) gilt folgendes: Grundsätzlich kann der
Vermieter nach § 543 BGB das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn sich der
Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit
der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug befindet, der die
Miete für zwei Monate erreicht. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut, sollte man
meinen, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn sich ein Mieter mit
der Zahlung von Betriebskostenvorschüssen im Verzug befindet, denn
Betriebskostenvorauszahlungen sind genaugenommen keine Miete, sondern ein
Vorschuss auf die noch abzurechnenden Betriebskosten
Anders urteilte am 18.07.2012 zur
Überraschung vieler Experten der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs. Im zu entscheidenden
Fall war der Mieter mit der Zahlung von Teilen der Miete im Verzug. Dieser
Fehlbetrag reichte aber nicht aus für eine fristlose Kündigung. Hinzu zählten
die Vermieter jedoch die noch fehlende erhöhte Vorauszahlung der
Betriebskostenvorschüsse. Denn im Laufe der Jahre hatte der Vermieter mehrere
Mieterhöhungen sowie Erhöhungen der Vorauszahlungen für die Betriebs- und die
Heizkostenvorauszahlungen vorgenommen, die die Mieterin ebenfalls nicht zahlte.
Gerald Saik (TMS Berlin) erläuterte den Fall im Referat wie folgt:
Die Mieterin verklagte die Vermieter auf
Schadenersatz wegen mehrerer Mängel. Im Wege der Widerklage verklagten die
Vermieter die Mieterin auf Zahlung der rückständigen Beträge sowie auf Räumung.
Das erstinstanzliche Gericht verurteilte die Klägerin auf Räumung und
Herausgabe der Wohnung. In der Berufungsinstanz führte das Berufungsgericht
aus, dass die Kündigung nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil sich der
Mietrückstand teilweise aus Mieterhöhungen wegen der Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen
errechnet.
Hintergrund ist, dass zunächst geprüft
werden müsste, ob sich ein Mieter überhaupt mit Vorauszahlungen im Verzug
befindet. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn der Vermieter die
Betriebskostenvorauszahlung zu Unrecht angepasst oder mit anderen Worten
überhöht hat. Dann wäre auch eine fristlose Kündigung ggf. unwirksam.
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene
Revision der Mieterin blieb ebenfalls ohne Erfolg. Der BGH führte aus, dass die
Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch die Vermieter wegen eines
Zahlungsrückstandes mit Beträgen, um die der Vermieter die
Betriebskostenvorauszahlungen gem. § 560 Abs. 4 BGB einseitig erhöht hat, nicht
voraussetzt, dass der Mieter zuvor im Wege der Zahlungsklage in Anspruch
genommen und rechtskräftig zu Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden
ist. Nach Ansicht des Revisionsgerichts ergibt sich ein solches Erfordernis
weder aus § 569 Abs.3 Nr. 3 BGB dort heißt es, dass dem Mieter der
rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhtem Miete verurteilt worden ist, vom
Vermieter wegen Zahlungsverzuges nach rechtskräftiger Verurteilung gekündigt
werden kann. Noch ergibt sich das Erfordernis aus einem schutzwürdigen
Interesse des Mieters. Das Gericht ist vielmehr der Ansicht, dass der Mieter
bereits ausreichend geschützt sei, da spätestens im Räumungsprozess geprüft
werden müsse, ob der Vermieter die Vorauszahlungen auf die von ihm festgesetzte
Höhe anpassen durfte.
Diese Rechtsfragen werden uns noch in
Zukunft beschäftige, erklärte Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht Sven Tintemann: „Obwohl Betriebskostenvoraussetzungen
grundsätzlich nicht zur Kaltmiete gehören, kann dem Mieter, der erhöhte
Betriebskostenvorschusszahlungen nicht zahlt, die Räumung seiner Wohnung
drohen. Der Mieter sollte sich daher an einen erfahrenen und fachkundigen
Rechtsanwalt wenden, um prüfen zu lassen, ob die vom Vermieter durchgeführte
Erhöhung der Betriebskostenvorschussanpassung tatsächlich wirksam ist. Bei
Unsicherheiten darüber sollte der Mieter zunächst die erhöhte
Betriebskostenvorschusszahlung unter Vorbehalt zahlen, um eine nunmehr sehr
wahrscheinlich verlaufende Räumungsklage seines Vermieters zu vermeiden."
Autor und presserechtlich verantwortlich, Urheberrechte bei: Michael Petri
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